futureSAX-Interview mit Marco Winzer

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„Sachsen wird meiner Meinung nach als Innovations- und Gründungsstandort oft unterschätzt.“

Im Interview mit Marco Winzer, Partner beim High-Tech-Gründerfonds haben wir über die Beziehung zwischen Investor/-in und Unternehmen, über seine Faszination zum Life-Science-Bereich und über Sachsen als Investitionsstandort gesprochen.

futureSAX: Lieber Herr Winzer, Sie sind Partner des HTGF und haben eine Vielzahl an Gründungen in diesem Rahmen kennengelernt und begleitet. Welche ersten Schritte nehmen Sie nach dem ersten Kontakt mit einem Unternehmen vor und gibt es einen entscheidenden Faktor, der im Unternehmen stimmen muss?

Marco Winzer:
Ich versuche sehr früh in den Austausch mit Gründerinnen und Gründern zu treten – mit „sehr früh“ meine ich zu einem Zeitpunkt, in dem die Idee zu einer Gründung reift. Ziel ist es, im Austausch mit Gründungsinteressierten, die Persönlichkeiten hinter den Ideen kennenzulernen und im Dialog den Businessplan InvestorInnen-reif zu machen. Wir arbeiten da sehr eng mit Gründungsinitiativen wie zB. Dresden Exists und futureSAX zusammen. Es geht auch darum, Hürden abzubauen und Vertrauen aufzubauen – und zwar reziprok: Die GründerInnen mit Vertrauen zum Investor und wir als Investoren mit Vertrauen in das Gründungsteam. Wir lernen uns kennen, in Workshops, auf Veranstaltungen, in Gründersprechstunden des HTGF etc., dann laden wir die Gründerteams zu uns ein, in unsere Offices nach Berlin, Bonn oder München. Wir besuchen die Gründerteams an ihrem Standort und versuchen im Rahmen der Due Diligence alle Facetten abzudecken. Für mich gibt es nicht den EINEN ENTSCHEIDENDEN Faktor, sondern es ist wie bei einem Mosaik: nur wenn alle Teile des Mosaiks an der richtigen Stelle sitzen, ergibt das gesamte Bild einen Sinn. Da die Teile aber vom Gründerteam gelegt werden, sind die Persönlichkeiten im Start-Up der wichtigste Faktor. Und hier geht es darum, Vertrauen aufzubauen und Vertrauen zu gewinnen.

futureSAX: Sie sind im Bereich Life Science spezialisiert. Was fasziniert Sie besonders an dieser Branche, wie sind die Wachstumschancen aktuell in Deutschland für die Gründungen dieses Bereichs und was sind besondere Herausforderung im Vergleich zu anderen Branchen?

Marco Winzer:
Ich liebe meinen Job – es ist wie jeden Tag „Sendung mit der Maus“ schauen Man lernt täglich neue Innovationen kennen, hat einen kleinen Blick darauf, was technisch machbar sein wird und wie unsere Zukunft aussehen könnte. Das ist im LifeScience- Bereich besonders spannend, denn es geht um die Gesundheit von uns Menschen, darum das Leben für kranke Menschen lebenswerter zu machen und im Idealfall die Krankheit zu heilen. Was wir beim HTGF als Seedinvestor heute an Ideen und Start-Up-Gründungen präsentiert bekommen im Bereich Pharmazie, BioTech, MedTech und Diagnostik, wird frühestens in 5-10 Jahren als Produkt auf den Markt kommen – wir haben also einen weiten Blick in die Zukunft des Gesundheitsmarktes und der Möglichkeiten, Krankheiten zu adressieren.


Die besonderen Herausforderungen: wir bewegen uns im LifeScience-Bereich in hoch regulierten Märkten. In denen der Gesetzgeber vorgibt, welche (klinischen) Prüfungen und Zertifizierungen ein Produkt erlangen muss, bevor es überhaupt für eine Therapie am Menschen in Frage kommt bzw. bevor es zur Anwendung kommen darf. Und das ist auch gut so! Diese langen Phasen der prä-klinischen und klinischen Studien / Testungen jedoch machen die Entwicklungen sehr kapitalintensiv. D.h. die Start-Ups, die der HTGF als Early-Stage-Investor finanziert, sind alle darauf angewiesen, in (mehreren) Anschlussfinanzierungsrunden weiteres Kapital zu akquirieren. Diese Finanzierungen sicherzustellen ist sicherlich eine unserer Hauptaufgaben, wenn wir in einem Start-Up investiert sind. Ab dem Moment sitzen wir mit den Gründerteams in einem Boot und helfen dabei, möglichst wertsteigernde (wichtiges Stichwort hierbei: ‚value inflection points‘) Anschlussfinanzierungsrunden zu akquirieren.

Eine weitere Herausforderung im Bereich LifeScience, die diese Branche für mich so interessant und herausfordernd macht: Auf dem Gesundheitsmarkt sind die klassischen Markt-Kräfte außer Kraft gesetzt: hier trifft NICHT Angebot und Nachfrage am Markt aufeinander und daraus bildet sich dann der Preis…. Sie gehen als Patient (Nachfrager) ja nicht zum Arzt (Anbieter) und verhandeln mit ihm über die Leistung (also wie genau ihre Tumor-Erkrankung geheilt werden soll) und den Preis (was sie bereit sind, für die beste Krebstherapie zu zahlen). Sondern auch hier wirkt der Gesetzgeber als auch die Krankenkassen (als Leistungsbezahler) ein – sie als Patient wissen meist gar nicht, was die Leistung eigentlich kostet und ob und wieviel der Arzt daran verdient. Wir reden also über die Erstattung der Leistung, das Reimbursement. Und der Zugang zu diesem – also die strategische Planung, wie das Produkt mal von den Krankenkassen erstattet werden soll – müssen wir schon Jahre zuvor im Start-Up diskutieren. Auch das ist dann Teil unserer Due Diligence für ein Frühphasen-Investment.

 Wenn es ein LifeScience-Start-Up aber geschafft haben sollte, sich am Markt zu etablieren, dann locken hohe Margen und durch die Patentlaufzeiten auch exklusive Märkte. Das ist dann sehr lukrativ und es generieren sich hohe Unternehmenswerte: Das erste Unicorn aus dem Portfolio des HTGF war übrigens ein Pharmazie-Start-Up.

Die nächste Sächsische Investoren Roadshow

6. März 2024 | 13:00 Uhr | Frankfurt am Main

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futureSAX: Wie arbeitet der HTGF mit anderen institutionellen Kapitalgebenden aber auch mit Business Angels bei der gemeinsamen Investition in Unternehmen zusammen?


Marco Winzer: Der High-Tech Gründerfonds arbeitet in seinem sehr kooperativen Stil mit allen institutionellen (VC’s, CVC’s etc.), privaten (Business Angels, Family Offices etc.) als auch mit anderen öffentlichen Kapitalgebenden (in Sachsen: TGFS, SAB, MBG etc.) zusammen. Wir laden diese Investoren ein, gemeinsam mit uns bereits in der Seedphase zu investieren – also ein Investorenkonsortium zusammenzustellen, in dem der HTGF als Experte auf dem Gebiet der frühphasigen Finanzierung gerne den Lead übernimmt. Oft starten wir mit der DD und stellen den Gründerteams LoI’s aus, mit denen diese dann andere Investoren ansprechen können. Wir übernehmen also in der hochriskanten ersten Finanzierungsrunde den Lead (inhaltlich als auch finanziell) und stellen die entsprechenden Beteiligungs- und Finanzierungsverträge zur Verfügung. Diese sind so konzipiert, dass weitere Investoren da einfach draufspringen können. Und diese Zusammenarbeit ist auch notwendig, um den Kapitalbedarf der Start-Ups zu adressieren und das Risiko der technologischen Entwicklung gemeinsam zu schultern. Für Anschlussfinanzierungsrunden legen wir uns besonders ins Zeug: Sprechen andere Investoren an, stellen Kontakte aus unserem Netzwerk zur Verfügung, begleiten die Gründerteams bei ihren Funding-Roadshows. Idealerweise sind wir schon im Rahmen der Seed-Finanzierung mit potentiellen Anschlussinvestoren im Austausch, um mit diesen zu definieren, welcher Meilenstein, welcher ‚value inflection point‘ das Start-Up mit dem HTGF Kapital erreichen muss, damit diese Anschlussinvestoren dann auch einspringen bzw. mit deren Investments aufsetzen können.

futureSAX: Sie haben bereits viele Jahre Kontakt zum sächsischen Innovationsökosystem, haben auch selbst sächsische Gründungen aktiv begleitet. Was macht Sachsen für Sie in dieser Hinsicht aus?


Marco Winzer: Sachsen wird meiner Meinung nach als Innovations- und Gründerstandort oft unterschätzt: Es gibt in Sachsen hervorragende Hochschulen, die alle sehr ausgründungsorientiert sind, sprich Studierende früh mit der Option einer Unternehmensgründung adressieren, dafür Lehrangebot haben und Wege aufzeigen, wie Entrepreneurship gehen kann. Im „Bundesländer-Ranking“ des HTGF (also wo in D finanzieren wir Start-Ups) liegt Sachsen rotierend mal auf Platz 5, mal auf Platz 6 – also hinter den großen bevölkerungsreichen Bundesländern wie NRW, Bayern und BW und den Stadtstaaten Berlin und HH. Also ein Hinweis, dass Sachsen hier ganz vorne „mitspielt“. Und zwar in fast allen Technologie-Bereichen, auch den LifeSciences / Medizintechnik / Labortechnologie.

Ich selbst hatte die Möglichkeit, mit zwei sächsischen Gründerteams als Seedinvestor äußerst erfolgreich Unternehmen aufzubauen. Davon haben dann die GründerInnen als auch der HTGF als Erstinvestor sehr profitiert.
Als HTGF wissen wir genau, wo im sächsischen Start-Up Ökosystem wir ansetzen / andocken müssen: das ist für uns futureSax mit den Modulen und Programmen für uns seit langen Jahren ein valider Ansprechpartner, mit dem wir äußerst konstruktiv zusammenarbeiten.

Ihre Ansprechpartnerin bei futureSAX

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Jessica Lietze

Projektmanagerin

Kapitaltransfer: Frühphasenfinanzierung

Jessica gefällt das Verknüpfen von scheinbar Unterschiedlichem, das zusammen eine größere Einheit ergibt. In ihrem Masterstudium der Betriebswirtschaftslehre spezialisierte sie sich neben Management und Marketing auf Accounting und Human Resources, um Wechselwirkungen zu erkennen und die Ganzheitlichkeit erfassen zu können. So lernte sie auch als Werkstudentin und Projektleiterin in einer Gründungsberatung, ihr kreatives, als auch analytisches Interesse zu verknüpfen. Privat begeistert sie sich für Kunst und reisen, wobei sie Schritt für Schritt die Welt mit all ihren Details und Gegensätzen erschließen möchte. Im Sommer ist sie als Betreuerin in einem Kinderferienlager ehrenamtlich tätig.

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