„Die Branche hat in Sachsen eine sehr gute Entwicklung ge
Die Branche hat in Sachsen eine sehr gute Entwicklung genommen.
Seit 10 Jahren widmet sich biosaxony der LifeSciences-Branche, insbesondere der Biotechnologie und Medizintechnik. Für letzteres hat das Cluster erst im letzten Jahr erfolgreich eine Förderung beim sächsischen Wirtschaftsministerium beantragt. Mehr als 100 Mitglieder beleben die Branchenplattform mittlerweile und profitieren dabei gleichzeitig von vielfältigen Formaten und Angeboten. Wir haben mit André Hofmann, Geschäftsführer der biosaxony über das Vereinsleben, Sachsen als LifeSciences-Standort und die Aufgabe des Clusters beim Wissens- und Technologietransfer gesprochen.
futureSAX: Herr Hofmann, biosaxony – Sachsens Cluster für Biotechnologie und Medizintechnik zelebriert im Jahr 2019 sein 10jähriges Bestehen. Welche Vision haben Sie für die nächsten 10 Jahre und welche neuen Aufgaben sind damit verbunden?
André Hofmann: In den vergangenen Jahren haben wir viel Aufbauarbeit geleistet und neue Plattformen geschaffen, um besonders in den frühen Phasen der Produkt- und Unternehmensentwicklung zu unterstützen. Man darf nicht vergessen, dass eine Produktentwicklung in unserer Branche auch gern mal 10 oder 12 Jahre benötigt. Dementsprechend ist der Reifegrad vieler Unternehmen in unserem Cluster nach 10 Jahren auch noch nicht mit dem in anderen Branchen nach dieser Zeitspanne zu vergleichen. Zudem adressieren die Unternehmen der Biotechnologie und Medizintechnik in Sachsen einen sehr komplexen Zielmarkt: die Gesundheitswirtschaft ist durch zahlreiche Zugangsbarrieren gekennzeichnet, etwa beim Thema Zulassung und Kostenerstattung. Wenn wir die kommenden Bedarfe der Unternehmen unseres Clusters also antizipieren, ist der Brückenschlag in die Gesundheitswirtschaft ein sehr wichtiges kommendes Thema. Gelingt dieser, stellt biosaxony ein vollintegriertes Cluster dar, das Projekte von frühsten Stadien in den Forschungslaboren des Freistaates über die Entwicklungsphasen in den Unternehmen bis zur Implementierung, beispielsweise am Patientenbett, begleiten kann.
futureSAX:Das Cluster umfasst derzeit über 100 Mitglieder aus dem gesamten Bundesgebiet. Wie sieht die Zusammenarbeit der Mitglieder konkret aus und welche Angebote machen Sie an Unternehmen?
André Hofmann: biosaxony hat ein sehr lebendiges Vereinsleben. Neben der obligatorischen Mitgliederversammlung gibt es mit der Konferenz bionection eine weitere wichtige Austauschplattform, die mittlerweile auch die Cluster der umliegenden Bundesländer mit einbindet. Hinzu kommen zahlreiche Workshops und Seminare im Rahmen der biosaxony academy, die viele unserer Mitglieder zur Weiterbildung, aber auch zum Austausch nutzen. Außerdem gibt es noch mehrere Arbeitsgruppen zu allgemeinen Themen – beispielsweise Recht und Steuern oder Standortentwicklung – und speziellen fachlichen Themen, etwa dem Stammtisch zum Thema „Blut“.
Eine Besonderheit, auf die wir auch sehr stolz sind, ist unserer Kooperation mit der Leipziger Gewerbehofgesellschaft zur Unterstützung der Unternehmen in der BIO CITY Leipzig, einem von zwei Biotech-Inkubatoren in Sachsen. Hier sind wir beauftragt, die Unternehmen in allen Lebenslagen zu begleiten – sei es bei der Suche nach fünf Millilitern Pferdeblut für einen Test oder nach 2,5 Millionen Euro für die Finanzierung des Unternehmens. Unsere Leistungen sind für die Mieter kostenfrei und da wir hier neben unserer Hauptniederlassung im BIOZ Dresden auch ein gleichstark besetztes eigenes Büro unterhalten, sind die Wege zu uns kurz.
futureSAX: Sachsen hat sich zu einem dynamischen Standort für die Life Sciences entwickelt. Wo sehen Sie den sächsischen Standort im Jahr 2030 und welche Chancen oder auch Risiken gibt es Ihrer Meinung nach?
André Hofmann: Die Branche hat in Sachsen eine sehr gute Entwicklung genommen. 2019 hatte dabei gleich mehrere Highlights: das herausragende war dabei die Gründung der Dewpoint Therapeutics in Dresden, die nach ihrer Gründung Anfang 2019 in einer Series A – Finanzierungsrunde bereits 60 Millionen Dollar Kapital einsammeln konnte und im November eine Options-, Forschungs- und Lizenzvereinbarung mit Bayer mit einem Volumen von bis zu 100 Millionen Dollar abschloss - so etwas haben wir hier noch nicht gesehen. Auch der Standort Leipzig hat gute Nachrichten zu vermelden: die Co.don AG plant nach dem erfolgten Aufbau einer der modernsten Produktionsanlagen für Zelltherapeutika nun auch ihren Hauptsitz hierher zu verlagern.
Aktuell sehen wir auch international wieder eine stärkere Beweglichkeit der Unternehmen: die finanziellen Aussichten der Branche haben eine positive Entwicklung genommen und man kann sich nach neuen Themen und Standorten umschauen. biosaxony selbst ist in mehreren Ansiedlungsaktivitäten involviert, immer in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung Sachsen oder der InvestRegion Leipzig. Ansiedlungen wie die von GENEWIZ oder Mannin Research helfen, die Branche - neben dem endogenen Wachstum durch Ausgründungen - mit frischem Schwung von außen zu stärken. Hier müssen wir auch weiter dranbleiben.
Aber wir müssen auch die Rahmenbedingungen für Ansiedlungen und Ausgründungen vorhalten und weiterentwickeln. In Sachsen herrscht gerade ein Engpass an Laborflächen. Die Gründerzentren in Dresden und Leipzig sind voll vermietet – hier muss dringend einer Erweiterung erfolgen. In Leipzig sehen wir zum Glück, dass sich ein paar Projekte wie die Sanierung der Halle 12 auf der Alten Messe entwickeln, aber es wird mehr Kapazitäten auch anderenorts benötigen, um die sich bietenden Chancen zu nutzen – und das zeitnah!
Zudem ist Venture Capital generell ein rares Gut im LifeSciences-Bereich in Deutschland. Vielleicht eröffnet sich mit dem Digitalen Versorgungsgesetz jetzt eine Möglichkeit, hier Entlastung zu schaffen: Krankenkassen wird damit erlaubt, einen Teil ihres Budgets in Innovationen zu investieren. biosaxony hat bereits ein paar Partner um sich versammeln können, die hier aktiv werden möchten und auch ein gutes Stück des angestrebten Fondsvolumens schon mitbringen würden.
futureSAX: Viele Innovationen in den Life Sciences nehmen ihren Ausgang in der Forschung. Aber auf der anderen Seite schaffen es viele Ergebnisse nicht in den Markt. Wie unterstützen Sie konkret den Wissens- und Technologietransfer von Forschungsergebnissen in die Anwendung?
André Hofmann: Wir bauen Plattformen. Die bionection ist beispielsweise als Event darauf ausgerichtet, passende Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammenzubringen und das durchaus auch länderübergreifend. Unsere biosaxony academy dient der Wissensvermittlung in Workshop- oder Seminarform, da reichen die Themen aktuell von allgemeinen Themen wie Steuerrecht zu fachspezifischen Themen wie IT-Sicherheit von Medizinprodukten. Der LifeScience-Atlas wiederum soll einen Überblick über die Unternehmen und Forschungseinrichtungen in Sachsen geben, noch über die Mitglieder des biosaxony e.V. hinaus. Durch das von der SAB geförderte Innovationscluster Smart Medical Devices and Therapies können wir nun auch stärker im Bereich der Vermarktung von Innovationen unterstützen. Hier gibt es nun endlich auch einen sehr starken Bezug zu Kliniken als Partner für unsere Unternehmen, den wir gerade konsequent weiter ausbauen und so als Vermittler agieren können. Hinzu kommen noch unzählige direkte Beratungsgespräche und Kontaktvermittlungen –
Wir verstehen uns hier durchaus als one-stop-shop der Branche: ob Laborflächen und Büroräume, Kooperationspartner, ein Produktentwicklungsspezialist oder eine Finanzierungsmöglichkeit gesucht werden – man kann sich jederzeit an uns wenden.
futureSAX: Im Oktober startet biosaxony sein neues Accelerator Programm. Herr Hofmann, was steckt dahinter und welche Beteiligungsmöglichkeiten gibt es für Gründer, Unternehmer oder gründungsaffine Wissenschaftler?
André Hofmann: Wie schon gesagt, wir haben uns aufgemacht, den kompletten Produktentwicklungszyklus von der Laborbank bis zum Patientenbett zu begleiten. Aus unserer Sicht – und auch aus der Erfahrung anderer LifeSciences-Cluster inner- und außerhalb Deutschlands heraus – ist es wichtig, diesen Prozess möglichst aus einer Hand heraus zu unterstützen. Der Grund dafür ist, dass der Input der späteren Anwender in nahezu jedem einzelnen Prozessschritt notwendig ist, damit man am Ende nicht mit einem neuen Produkt dasteht, dass der Mediziner so nicht in seine Standardabläufe integrieren kann oder keine Krankenkasse dafür bezahlt. Brüche in der Unterstützerkette sind da ungünstig.
Daher arbeiten wir an einem Accelerator-Programm, der „Medical Forge“, in dem wir das Knowhow der Mediziner, aber auch das von erfahrenen Produktentwicklern und weiteren Spezialisten entlang der verschiedenen Entwicklungsschritte für unsere Programmteilnehmer erschließen. Ganz im Sinne eines Accelerators wollen wir durch die aktive Bereitstellung von Knowhow die Entwicklungsprozesse verkürzen
Am 01. Oktober startete unser Pilotlauf, in dem wir die ersten fünf Unternehmen bei der Entwicklung ihrer Smart Medical Devices begleiten. Wir selbst werden dabei durch die Stadtverwaltung Leipzig, das Herzzentrum Leipzig und dem Leipzig Heart Institut finanziell unterstützt, wofür wir uns an dieser Stelle auch noch einmal bedanken möchten. Mit den beteiligten Teams haben wir am 24.10. ein Technologieassessment absolviert, in dem wir den Entwicklungsstand der jeweiligen Technologien bestimmt haben, die nächsten Schritte abgeleitet und auch schon viele Partner und Mentoren dafür zuordnen konnten. In den kommenden Monaten werden wir diese Projekte nun eng begleiten, um sie bei der klinischen Implementierung unterstützen zu können.
futureSAX: Am 26. & 27. Februar 2020 findet die bionection – Partnering-Konferenz für Technologietransfer in den Lebenswissenschaften in Leipzig statt. Was erwartet interessierte Unternehmen bei der Konferenz und können sie uns schob verraten wer die Nominierten für die T³ Technology-Transfer-Trophy sind?
André Hofmann: Als mitteldeutsches Branchentreffen der Biotechnologie und Medizintechnik bietet die bionection die ideale Plattform, um sich über neueste Entwicklungen und zukunftsweisende Technologien auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und Kooperationen aufzubauen. Mehr Informationen dazu finden sich unter www.bionection.com. Zur Trophy wird noch nichts verraten. Oder nur so viel: der Preisträger rekrutiert sich wie immer aus den in den vergangenen Jahren präsentierten Projekten. Der Preis geht an das Projekt, das im Sinne des Technologietransfers die größten Fortschritte erzielt hat. Wer aus erster Hand erfahren möchte, welches Projekt den Preis gewinnt, ist herzlich zur bionection am 26. und 27. Februar in Leipzig eingeladen.
futureSAX: Herr Hofmann, was war Ihr Beweggrund, Teil des futureSAX-Know-how-Netzwerkes zu werden, und wie wichtig sind solche branchenübergreifenden Plattformen für den Wissens- und Technologietransfer?
André Hofmann: Zum einen ist Know-how-Transfer Teil unserer DNA. Darüber hinaus sind auch wir auf den beständigen Input anderer Branchen angewiesen: in Biotechnologie und Medizintechnik sind Mikroelektronik, IT oder die Werkstoffwissenschaft nicht mehr wegzudenken. Und die Gesundheitswirtschaft ist wiederum Ideengeber und Entwicklungspartner – wir sind also beständig in einem Austausch mit anderen. Und das dabei Gelernte geben wir natürlich auch gern wieder weiter.
futureSAX: Vielen Dank für das Interview.
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