futureSAX-Alumni-Interview mit Gerd Günther
„Sie sind Türöffner zu Kunden, Partnern, Märkten, Finanzen."
futureSAX-Alumni-Interview mit Gerd Günther, Geschäftsführer Novaled GmbH
Anfänglich noch ohne Markt und als Anbieter von „Nice-to-have“-Produkten hat sich die Dresdner Novaled GmbH inzwischen zu einem Global Player im OLED-Markt entwickelt. Im futureSAX-Alumni-Interview verrät Geschäftsführer Gerd Günther, wie sich Novaled innerhalb weniger Jahre vom „No Name“ zum heute weltweit gefragten Unternehmen entwickelt hat, welche Herausforderungen auch heute noch anstehen und was das Geheimnis seiner Innovationskultur ist.
futureSAX: Herr Günther, bitte beschreiben Sie Ihr Unternehmen kurz:
Gerd Günther: Novaled ist Experte für organische Leuchtdioden (OLEDs). OLEDs werden z.B. in Premium Displays eingesetzt. Wir entwickeln organische Materialien und Technologien für Hersteller sehr leistungsfähiger OLEDs. So unterstützen wir, dass z.B. neue TV-Displays langlebiger sind oder Smartphone-Akkus nicht so oft geladen werden müssen.
futureSAX: 2001 sind Sie als Ausgründung der TU Dresden gestartet. Mit welchem Ziel sind Sie damals angetreten?
Gerd Günther: Eigentlich war unsere Ausgründung ein typisch amerikanischer Ansatz – die TU Dresden ist mit der TUDAG und den Ausgründungen deutschlandweit Vorbild. Ziel war es, technische Fortschritte an der TU Dresden zu den damals noch kaum bekannten OLEDs über Novaled als Start-up zu vermarkten.
Organische Leuchtdioden sind Halbleiter aus nanometerdünnen Schichten organischer Materialien. Diese können auf Substraten wie Glas oder flexibler Folie aufgetragen werden. OLEDs sind nur 1/50tel (200nm) eines Haares dünn. Anders als LEDs geben OLEDs Licht flächig, sehr homogen und blendfrei ab. Sie spielen eine Schlüsselrolle bei revolutionären Entwicklungen im Display-Markt. Denn mit OLEDs können hauchdünne, flexible oder sogar transparente Displays mit hoher Effizienz und brillanter Farbwiedergabe hergestellt werden. Die Gründungsidee für Novaled war, die Patente und das Wissen rund um OLED-Aufbau und dessen Optimierung über Lizenzeinnahmen zu verwerten.
futureSAX: Und was waren die größten Herausforderungen bei der Umsetzung?
Gerd Günther: Zu dem Zeitpunkt gab es noch keinen OLED-Markt und auch keine Endanwendungen. LCD Display- Hersteller starteten gerade, sich mit dem Thema OLED für Display zu beschäftigen. Dazu kam, dass auch noch keine spezifischen, organischen Materialien für das Optimieren von OLEDs existierten. Also hat Novaled Ressourcen ins Team und in die Entwicklung dieser Spezialchemikalien – zunächst Dotiermaterialien- gesteckt. Diese wurden dann zusammen mit unserer Technologie bei großen Display und Beleuchtungsherstellern angeboten – später auch weitere Materialklassen, wie Transportmaterialien. Inzwischen fokussieren wir uns auf die Entwicklung von Spezialchemikalien für OLEDs.
futureSAX: Novaled verfügt im Bereich der organischen Elektronik über einzigartige Kompetenzen. Was genau machen diese aus?
Gerd Günther: Novaleds Kunden wollen ihre OLED-Bauelemente für ihr Produkt, z.B. ein OLED-Smartphone-Display, leistungsoptimieren. Dafür entwickeln wir organische Materialien. Novaleds Dotier-Materialien sind bisher weltweit die einzigen Produkte dieser Art, die zur Massenproduktion von OLED-Displays eingesetzt werden. Das zeigt, dass wir ein recht komplexes Thema bearbeiten, bei dem Fachbereiche besonders ineinander greifen müssen. Nicht einfach, denn Chemiker, Physiker und Ingenieure gehen das Thema OLED-Optimierung von ganz verschiedenen Perspektiven und in unterschiedlichen Kategorien an.
Unsere Chemiker entwickeln neue organische Moleküle und Materialien, die die Effizienz von OLEDs und anderen Bauteilen der organischen Elektronik steigern. Unsere Physiker sind Experten im Entwickeln innovativer OLED-Strukturen mit optimalen Eigenschaften wie bspw. längster Lebensdauer. Die Ingenieure und unser Fertigungsbereich setzen die Konzepte der Physiker mit den neuentwickelten Materialen unserer Chemie um und prozessieren Test-OLEDs, die ausgemessen werden. Die Daten liefern dann einen „Proof of Concept“. Hier entscheidet sich, ob sich neue OLED-Strukturen und Materialien qualifizieren und ob ein Produkt von Novaled tauglich für die Massenproduktion von bspw. LG Displays ist.
"Mit Samsung als Mutterunternehmen kam Novaled auch die Infrastruktur eines großen Konzerns zugute. Die Kollegen tauschen sich aus und lernen voneinander. Dazu gehören Themen wie IT, Lieferanten aber auch, wie Unternehmensprozesse effizienter ablaufen, dass sich Karrieren nun anders gestalten lassen oder ein gezieltes Talente-Management erfolgt."
Gerd Günther, Geschäftsführer Novaled GmbH
futureSAX: Ihr Unternehmen hat sich vom Start-up zu einem Global Player auf dem OLED-Markt entwickelt. Welchen Stellenwert nehmen Netzwerke wie futureSAX bei dieser Entwicklung ein?
Gerd Günther: Zu Beginn, in der Gründungs- und Start-up-Phase sind Netzwerke wichtig für das Vorankommen. Sie sind Türöffner zu Kunden, Partnern, Märkten, Finanzen. Zu den Novaled-Netzwerken gehörten in unserem Fall auch ehemalige Investoren, die Wirtschaftsförderung, Industrieverbände, Patenteinrichtungen der TU, die TUDAG und viele mehr. In jedem Netzwerk gibt es Spezialisten, die mit ihrer Expertise das junge Unternehmen so manche Hürde leichter oder schneller nehmen lassen. Gerade in einem Start-up-Team kämpfen wenige Mitarbeiter oft in Personalunion an mehreren Fronten gleichzeitig. Von anderen schnell lernen zu können, ist da sehr hilfreich. Inzwischen ist Novaled als erfolgreiches, weltweit agierendes Unternehmen selbst in verschiedenen Netzwerken – inklusive futureSAX – aktiv und gibt gern Netzwerkteilnehmern Unterstützung.
futureSAX: Seit 2013 gehört Novaled zum Samsung-Konzern. Wie hat sich das auf die unternehmenseigene Entwicklung ausgewirkt?
Gerd Günther: Novaled war auch schon vorher der Start-up-Phase entwachsen. Mit Samsung als Mutterunternehmen kam Novaled auch die Infrastruktur eines großen Konzerns zugute. Die Kollegen tauschen sich aus und lernen voneinander. Dazu gehören Themen wie IT, Lieferanten aber auch, wie Unternehmensprozesse effizienter ablaufen, dass sich Karrieren nun anders gestalten lassen oder ein gezieltes Talente-Management erfolgt. Über die Zusammenarbeit mit dem Mutterhaus sind in verschiedenen Unternehmensbereichen Synergien geschaffen worden.
futureSAX: Sie sind international aufgestellt und in Asien, den USA und Europa unterwegs. Die Erschließung welchen Marktes stellte aus Ihrer Sicht die größte Herausforderung dar und warum?
Gerd Günther: Als Start-up ist man zunächst unbekannt. Gerade in Märkten, wo man es mit großen, namhaften Playern wie Samsung, Sony, Panasonic, Apple, LG Display, Osram usw. zu tun hat, ist es schwierig, als „No Name“ einen Fuß in die Tür zu bekommen. Hinzu kommt im Fall von Novaled, dass wir keine „Must have“, sondern eine „Nice to have“-Technologie als Produkt angeboten haben. Unser Vorteil: wir konnten den Kunden eine Lösung ihres Problems anbieten. Mit unserer Technologie und den Materialien konnten Kunden viel effizientere, langlebigere OLEDs herstellen - eine wichtige Voraussetzung um OLEDs als neue Displaytechnologie in Kameras, Handys usw. zu integrieren.
Besonders herausfordernd war und ist für uns Asien. Die unterschiedlichen Kulturen und die Sprachbarriere sind ganz klar eine Hürde. Die Kontaktaufnahme, das Angehen von Problemen läuft z.B. in Japan ganz anders ab, als in Europa – und in Korea nochmals anders als in Japan. Hinzu kommen Importhürden für Produkte – China ist da ein Beispiel. Wir konnten viele dieser Herausforderungen lösen, indem wir lokale Sales Agenten und damit lokales Know-how eingebunden haben.
futureSAX: Sie optimieren OLEDs, entwickeln Materialien, sind innovativ. Gibt es bei Ihnen kreative Köpfe oder ein Forscherteam?
Gerd Günther: Wir haben viele kreative Köpfe bei Novaled, aber Innovation wird bei uns -wie auch bei vielen anderen Firmen- nicht von Einzelkämpfern getragen. Besonders ist bei Novaled vielleicht, dass zwei Drittel der Belegschaft ein Studium absolviert hat und dass es ein recht großes R&D-Team gibt, das Produktentwicklungen vorantreibt. Zusätzlich bringt uns da natürlich auch der Austausch mit dem R&D-Team des Mutterhauses zu neuen Ideen und innovativen Produkten weiter. Aber Innovation bedeutet nicht nur entdecken oder erfinden, sondern auch, dass die Neuerung angewandt wird und einen Mehrwert bringt. Insofern kommt das gesamte Novaled-Team von der Patentabteilung über das Marketing & Sales bis hin zum Einkauf, Finanzen und der Personalabteilung ins Spiel. Natürlich muss der einzelne Mitarbeiter ein kreatives Potential mitbringen, aber dass Novaled tatsächlich innovativ sein kann, hängt zu einem Großteil auch mit unserer gelebten Kultur zusammen. Der Umgang der Kollegen miteinander ist sehr kollegial und respektvoll, wir leben eine „Open door policy“. Jeder Mitarbeiter kann also unangemeldet mit seinen Anliegen auch beim Geschäftsführer reinschauen. Ideen werden offen diskutiert. Kritik ist erlaubt. Es wird nicht erklärt, was alles „nicht geht“, sondern angepackt, „was geht“. Innovation wird vom einzelnen Mitarbeiter bis hin zum Top-Management gelebt. Die Summe dieser Faktoren hat dazu beigetragen, dass Novaled sich so gut entwickeln konnte.
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