futureSAX-Interview mit Dr. Norbert Thyssen
„Einfach Kompetenzen & Ansprechpartner finden zu können, bleibt das Ziel."
futureSAX-Interview mit Dr. Norbert Thyssen, Senior Director Technology Development, Infineon Technologies Dresden GmbH & Co. KG
Mit mehr als 400 Produkten beliefert die Infineon Technologies Dresden GmbH & Co. KG zahlreiche Unternehmen verschiedenster Branchen. Im futureSAX-Interview mit dem futureSAX-Interview mit Dr. Norbert Thyssen, Senior Director Technology Development, Dr. Norbert Thyssen, geht er darauf ein, wo zukünftig die größten Innovationsschübe durch den Einsatz von Sensortechnologie sind und wie der Kontaktaufbau und die Kooperationsanbahnung zu sächsischen mittelständischen Unternehmen gestärkt werden kann.
futureSAX: Sehr geehrter Herr Dr. Thyssen, als Chiphersteller mit mehr als 400 Produkten beliefert die Infineon Technologies Dresden GmbH & Co. KG zahlreiche Unternehmen verschiedenster Branchen. In welchen Trendfeldern und Branchen sehen Sie zukünftig die größten Innovationsschübe durch den Einsatz von Sensortechnologie?
Dr. Norbert Thyssen: Infineon hat vier globale Megatrends identifiziert, die den steigenden Bedarf an Mikroelektronik antreiben: demografischer und sozialer Wandel, Ressourcenknappheit und Klimawandel, Urbanisierung und Digitale Transformation. Aus diesen vier Megatrends ergeben sich für Infineon interessante Wachstumsfelder mit hohem Innovationspotenzial: Energieeffizienz, Mobilität, Sicherheit sowie IoT und Big Data. Nehmen wir das Thema Energieeffizienz: Der Energieträger der Zukunft ist elektrischer Strom. Alles, was eine möglichst effiziente Erzeugung, Verteilung und Nutzung ermöglicht, wird große Innovationsschübe in Technologie und Produkten sehen. Oder das Thema Elektromobilität: Hier wird es in naher Zukunft eine Vielzahl neuer Technologiekonzepte, neuer Anwendungen und neuer Geschäftsmodelle geben. Das Thema Sicherheit ist ebenfalls ein sehr weites Feld. Hier adressieren wir nicht nur die Datensicherheit, sondern vor allem auch Sicherheitssysteme, die dem Schutz des Menschen und der Erhaltung seiner Gesundheit dienen. Im IoT-Bereich schließlich werden vor allem System-Innovationen die Produktpalette geradezu endlos erweitern.
futureSAX: Welche konkreten Anwendungsfelder von Sensortechnologien sind Ihrer Meinung nach für die Produkte, Prozesse und Dienstleistungen von Unternehmen aus dem Mikroelektroniksektor besonders zukunftsrelevant?
Dr. Norbert Thyssen: Natürlich werden die Wachstumsraten in den oben genannten Feldern sehr unterschiedlich sein. Als noch recht neues Feld für Sensortechnologien wird zum Beispiel der Bereich der Künstlichen Intelligenz an Bedeutung gewinnen. Das steht beispielhaft für die Verknüpfung verschiedenster Mikroelektronikkomponenten in eine Systemlösung, die man sich in der Leistungselektronik genauso gut vorstellen kann wie in der Interaktion und in der Überwachung des persönlichen Umfelds und der unmittelbaren Umwelt. Stichwort Environmental Sense. Multisensorik wird immer neue Möglichkeiten eröffnen – sowohl als Nachnutzung spezialisierter Sensoren auf dem Markt, als auch für neue direkte und indirekte Sensorlösungen im Verbund. Solche Produkte bedingen in Zukunft größere Rechenleistungen und Referenz-Datenbanken mit ständiger Aktualisierung. Das eröffnet neue Möglichkeiten nicht nur für innovative Produkte, sondern auch für neue Dienstleistungen und Betreiberkonzepte. Die Kunden der Zukunft werden immer öfter eine Funktion kaufen, statt ein physisches Produkt mit Besitzstandsübergabe an der Kasse. Das hat schon lange begonnen mit den Angeboten von Software- und Datenkonzernen, die in die Produktentwicklung eingestiegen sind und auf die Technologielösung spürbaren Einfluss nehmen.
„Die Kunden der Zukunft werden immer öfter eine Funktion kaufen, statt ein physisches Produkt mit Besitzstandsübergabe an der Kasse.”
Dr. Norbert Thyssen, Senior Director Technology Development, Infineon Technologies Dresden GmbH & Co. KG
futureSAX: Wie kann der Kontaktaufbau und die Kooperationsanbahnung zu sächsischen mittelständischen Unternehmen unterstützt und gestärkt werden?
Dr. Norbert Thyssen: Meine Antwort startet mit einer Frage: Was wird in der Zukunft nicht mehr ausreichend Früchte tragen? Dazu gehören Konferenzen, Workshops oder ähnliches vor Ort. Diese Veranstaltungen werden künftig nur noch ein kleinerer Baustein sein. Kontaktaufbau bleibt doch ein sehr sozial interagierendes Thema. Dieses zu fördern, kann über Transparenz der Kontaktpartner und die Freiheit der Auswahl des Kontaktmediums vielleicht erleichtert werden. Alles, was einem Suchenden das Finden vereinfacht, ist dienlich in großen Netzwerken. Einfach und klar Kompetenzen und direkte Ansprechpartner finden zu können, bleibt das Ziel Kooperationsanbahnung gibt es in verschiedensten Geschäftsmodellen. Treibende Kraft ist und bleibt die Aussicht auf Gewinn für beide Seiten. Der individuelle Gewinn aus einer Kooperation sollte dabei die Freiheit des Partners keinesfalls einschränken. Kooperationsanbahnung kann man vielleicht dadurch unterstützen, dass man Regelwerke, Verträge und Modelle anbietet. Das kann auch einem Neuling ausreichend Vertrauen geben, dass er sein Ziel in der Kooperation erreichen kann. Anreizeffekte für Kooperation sind neben finanziellen Hilfen immer auch Vereinfachungen und Sicherheiten im Kooperations-Alltag.
futureSAX: Die Automatisierung von Prozessen, z.B. in der Fertigung und Produktion, wurde zu großen Teilen durch Sensor- und Messtechnologie ermöglicht. Was sind die nächsten Schritte in Richtung Industrie 4.0?
Dr. Norbert Thyssen: Nach der Automatisierung erwarte ich als nächste Schritte „Machine Learning“ und Künstliche Intelligenz. Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen an die Industrie sowie der globale Wettbewerb bestimmen weiter die Notwendigkeit der Halbleiterhersteller, sich zu differenzieren. Was den Menschen schon lange ausmacht und differenziert, ist die Verknüpfung seiner fünf Sinne, gepaart mit Instinkt, Erinnerung und Reflexverhalten. Dieses Differenzierungsmerkmal – also die Bündelung und Vernetzung dieser Fähigkeiten – stellt dann die nächste Entwicklungsstufe von Industrie 4.0 dar und ist dann über KI-Systemen kontrolliert und sicher in Fertigungsprozesse integriert.
futureSAX: Wie verbindet Sensorik die reale Arbeitswelt mit der virtuellen Welt in der unternehmerischen Praxis? Geben Sie uns bitte ein Bespiel.
Dr. Norbert Thyssen: Mir gefällt am besten das Beispiel der vorbeugenden Instandhaltung. Sensoren an der Maschine und Prozessergebnisdaten aus späteren Messungen finden in der sogenannten virtuellen Welt als digitale Größen kontinuierlich zueinander. Unternehmerisch kann jetzt der Betreiber mit wählbaren und durch Sensordaten kontinuierlich verbesserten Modellen den Zeitpunkt einer vorbeugenden Instandhaltungsmaßnahme genau festlegen. Das bedeutet: Optimaler Einsatz notwendiger Aufwände zur Sicherstellung der unternehmerischen Kontinuität an dieser Maschine. Dazu noch eine Bemerkung: Begrifflich wird „virtuell“ oft mit Synonymen belegt wie simuliert, angenommen, gedacht, imaginär, theoretisch. Folglich ist mein Beispiel dann nicht mehr wirklich in der virtuellen Welt. Sobald theoretische Modelle mit realen Daten angeglichen werden, unterscheiden sich die beiden „Welten“ nicht mehr – vielmehr interagieren und verschmelzen sie. Auch das ist ein Kooperationsmodell.
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