futureSAX-Interview mit Romann Glowacki

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„Für Sachsen sehe ich Chancen im land- und forstwirtschaftlichen Sektor"

futureSAX-Interview mit Romann Glowacki, Innovationskoordinator am Deutschem Biomasseforschungszentrum (DBFZ)

Im komplexen Themenfeld der Bioenergieforschung, entwickeln die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DBFZ, anhand des „Smart Bioenergy“-Konzepts, technologische Lösungen und stellen Wissen sowie fundierte Handlungsempfehlungen bereit. Romann Glowacki, Innova­ti­ons­ko­or­di­nator am DBFZ, spricht im Vorfeld des nächsten futureSAX-Know-how-Netzwerktreffens über aktuelle Herausforderungen und konkrete Kooperationsmöglichkeiten.

futureSAX: Herr Glowacki, bitte beschreiben Sie kurz die Forschungsschwerpunkte und Kernkompetenzen des Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ).

Romann Glowacki: Am DBFZ betreiben wir angewandte Bioenergieforschung. Ziel sind industriell umsetzbare Lösungen oder konkrete Handlungsempfehlungen. Mit unseren 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern können wir nahezu jede Form von Biomasse in Energieträger umwandeln. Dabei versuchen wir wertvolle Stoffe, die in anderen Industriezweigen eingesetzt werden können, als Koppelprodukt zu gewinnen. Unsere fünf Forschungsfelder umfassen: Anaerobe, biochemische Verfahren vor allem im Biogasbereich. Ganze Bioraffineriekonzepte sowie die Umwandlung stark wasserhaltiger Biomasse in Energieträger und Chemikalien werden ebenfalls am DBFZ entwickelt. Daneben spielt die Entwicklung emissionsarmer, kleiner, hocheffizienter und in die Haustechnologie integrierter Heizsysteme eine wichtige Rolle. Hier erforschen wir Konzepte zur Mikro-KWK sowie zur katalytischen Reinigung von Verbrennungsgasen. Aber auch die Nutzung von Aschen, Gärresten oder Nebenprodukten der Energiebereitstellung wird vorangetrieben. Wie die Technologien in die Zielsysteme integriert werden, die Bewertung ihrer Nachhaltigkeit und möglicher Umweltauswirkungen in Form von Life-Cycle-Assessment (LCA) sowie ein detailliertes Stoffstrommonitoring sind Kernbestandteile unserer Forschung. Viele Ergebnisse fließen in die Politikberatung ein.

futureSAX: Das DBFZ ist die einzige Bundesforschungseinrichtung mit Sitz im Freistaat Sachsen. In seiner Arbeit fokussiert sich das Zentrum auf die anwendungsorientierte Forschung. Wie können sächsische KMU mit dem DBFZ kooperieren und von dem Know-how einer Bundesforschungseinrichtung profitieren?

Romann Glowacki: Am DBFZ fließen viele Ergebnisse der deutschen und internationalen Bioenergieforschung zusammen. Dieser „Thinktank“ ist offen für viele Arten der Kooperation: Wir können direkte Auftragsforschung betreiben, also für Auftraggeber Studien erstellen und Wissen generieren. Meistens kooperieren wir mit Industriepartnern in gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Dabei besteht die Möglichkeit, das Entwicklungsrisiko des Industriepartners mit öffentlichen Geldern zu senken und Fördermittel in Anspruch zu nehmen. Bei komplexen Fragestellungen stellen wir ein Konsortium aus mehreren Partnern und Kompetenzen zusammen.

futureSAX:  Herr Glowacki, das DBFZ hat bereits zwei Spin-Offs hervorgebracht und kooperiert eng mit regionalen, nationalen und internationalen Unternehmen. Wie kann Ihrer Meinung nach, der Transfer von der Forschung in die Anwendung noch besser unterstützt werden und welche ungenutzten Transferpotenziale sehen Sie?

Romann Glowacki: Viele erfolgreiche Unternehmen suchen proaktiv nach neuen Lösungen und Angeboten für ihre Kunden. Das DBFZ steht jederzeit für Anfragen, Gespräche und Diskussion konkreter Probleme offen. Um Wissen in die Praxis zu transferieren, veranstalten wir verschiedene Fachgesprächsreihen, eine Jahrestagung und stellen Ergebnisse auf einer Vielzahl von Konferenzen im In- und Ausland vor. Regelmäßig veröffentlicht das Haus Publikationen. Veranstaltungen wie das nächste futureSAX-Know-How-Netzwerktreffen am 14. November im DBFZ, bieten weitere Möglichkeiten, Wissen, Technologien und Entwicklungstrends zu erkunden. Unternehmen sind herzlich eingeladen, am und mit dem DBFZ nach Lösungen für ihre Bedarfe zu suchen, diese zu adaptieren oder gemeinsam zu entwickeln. Oft habe ich den Eindruck, dass diese Möglichkeiten noch wesentlich stärker von interessierten Unternehmen genutzt werden könnten. In den letzten Jahren ist eine stetig steigende Tendenz konkreter Industrienachfragen festzustellen. Auch die Spin-Offs des DBFZ adressieren den Bereich des Technologietransfers: Eine Firma verwertet am DBFZ erforschte Lösungen zur Emissionsminderung von Holzfeuerungen, eine andere berät Unternehmen bei der Entwicklung innovativer, also marktfähiger Technologien.

futureSAX: Die wichtigste Ressource der Bioökonomie – Biomassen – werden derzeit hauptsächlich im ländlichen Raum produziert. Welche Möglichkeiten ergeben sich Ihrer Meinung nach durch die Transformation zur Bioökonomie für ländlich geprägte Regionen?

Romann Glowacki: Das ist eine schöne Frage für Optimisten und ich möchte hier meine Sicht darlegen: Ich sehe die Chance einer ruralen Renaissance. Forstliche oder agrarische Rohstoffe werden in geringer Entfernung zu ihrem Erzeugungsort verarbeitet oder aufbereitet und die Wertschöpfungsstufen rücken wieder in den ländlichen Raum bzw. überhaupt wieder nach Deutschland, wenn heimische Rohstoffe anstatt Erdöl genutzt werden. Es wird eine größere Anbauvielfalt geben, um spezielle Ausgangsmaterialien für bio-basierte Produkte zu erzeugen: Öle, Fette, Stärke und Zucker, Nebenprodukte wie Stroh und natürlich Holz sind wichtige Grundstoffe für die Bioökonomie. Agrarsysteme werden eine größere Biodiversität aufweisen. Das komplexe Wissen über eine Bioökonomie, die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Nutzungspfaden, die Verknüpfung von Anbau und Veredelung und Nachhaltigkeitsbewertung der zukünftigen Produkte entfalten sich gerade erst. Viel bestehendes Wissen wird in einen neuen Kontext gebracht. Die Nutzung, Erweiterung, Verbreitung und Anwendung dieses Wissens wird zusätzliche Wertschöpfung generieren. Der ländliche Raum wird noch attraktiver, auch unter dem Aspekt anspruchsvoller Arbeitsplätze in verarbeitenden Industrien.

"In der Informationsgesellschaft bieten Instrumente wie das futureSAX-Know-how-Netzwerk einen besonderen Mehrwert: Sie sparen dem Suchenden viel Zeit."

Romann Glowacki, Innovationskoordinator am Deutschem Biomasseforschungszentrum (DBFZ)

futureSAX: Neben der wissenschaftlichen Arbeit spielt der Wissenstransfer am DBFZ eine wichtige Rolle. Mit der Veranstaltungsreihe "Leipziger Biogas-Fachgespräche" werden aktuelle Forschungsergebnisse mit regionalen Praktikern diskutiert. Herr Glowacki, erläutern Sie uns bitte kurz was Interessenten bei den Fachgesprächen erwartet.

Romann Glowacki: Wir bieten immer im Winterhalbjahr die Leipziger Fachgespräche am DBFZ an. Die Themen sind Biogas, Biokraftstoffe und Feste Biomasse. Das nächste Gespräch findet am 28. November statt und dreht sich um das Thema Substrataufschluss und Biogasertrag und was Enzyme, Mühlen und Co. wirklich leisten können. Dann geht es nach Nossen, wo Flexibilisierungsoptionen für Biogasanlagen vorgestellt und diskutiert werden. Dieses Fachgespräch organisieren wir zusammen mit dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) sowie dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Am besten findet man die Termine und das genaue Programm auf unserer Homepage.

futureSAX: Das Know-how-Netzwerktreffen am DBFZ steht unter dem Titel „Nachhaltige Wertschöpfungsketten in der Bioökonomie“. Wie sehen diese zukünftigen Wertschöpfungsketten aus und welche Chancen und Risiken sehen Sie insbesondere für den Standort Sachsen?

Romann Glowacki: Wir nehmen hier vor allem hochwertige Produkte in den Blick. Damit wollen wir starten, denn bio-basierte Wertschöpfungsketten stehen in direkter Konkurrenz zu den fossil-basierten. Erzeugnisse mit hohem Wertschöpfungspotential haben Aussicht auf eine erfolgreiche Markteinführung und können zu einer Innovation werden. Aktuelle Studien belegen, dass Kunden zunehmend Produktaspekte wie „klimaneutral“, „bio-basiert“ und „regional“ honorieren. Wichtig ist die gezielte Verknüpfung von Partnern der Rohstofferzeugung, der Verarbeitung bis hin zum Endveredler mit Marktzugang zu umfassenden Projektteams. Verarbeitungstechnologien stammen aus der Biotechnologie, aber auch chemische und mechanische Verfahren oder eine Kombination daraus spielen eine wichtige Rolle.

Für Sachsen sehe ich Chancen im land- und forstwirtschaftlichen Sektor und den nachgelagerten Industrien. Es existieren leistungsfähige Akteursnetzwerke im Agrar- und Forstbereich sowie eine gut aufgestellte Nahrungsmittelindustrie. Mit der Zukunftsinitiative „simul+“ des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft ist auch ein starker politischer Wille zu Innovationen in diesem Bereich vorhanden. Das Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit bietet ebenfalls spezielle Innovationsinstrumente an. Eine Zusammenarbeit mit Partnern über Landesgrenzen hinweg sehe ich als wichtiges Element für erfolgreiche Entwicklungen. Die Komplexität der Bioökonomie birgt aber auch das Risiko, Zusammenhänge, die Innovationen behindern könnten, nicht oder zu spät zu erkennen. Aber dafür gibt es ja Forschungseinrichtungen wie das DBFZ.

futureSAX: Herr Glowacki was war Ihr Beweggrund, Teil des futureSAX-Know-how-Netzwerkes zu werden, und wie wichtig sind solche branchenübergreifenden Plattformen für den Wissens- und Technologietransfer?

Romann Glowacki: In der Informationsgesellschaft bieten Instrumente wie das futureSAX-Know-how-Netzwerk einen besonderen Mehrwert: Sie sparen dem und der Suchenden viel Zeit. Die Recherche nach Kompetenzen und Ansprechpartnern wird deutlich vereinfacht. Ich wünsche futureSAX bei der weiteren Entwicklung und Bekanntmachung dieses Werkzeuges viel Erfolg.

Mehr zu Bioenergie, Bioökonomie und dem DBFZ erfahren Sie hier.

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