On the Road to Innovation – Energien der Zukunft
Der Forschungsstandort Lausitz im Fokus
Am 22. Oktober 2025 präsentierten an der Hochschule Zittau/Görlitz vier EU-geförderte Forschungsprojekte ihre technologischen Lösungen für die Energien der Zukunft. Im Anschluss moderierte Susanne Stump, Geschäftsführerin von futureSAX, die Eröffnung des Wissenschaftsjahres 2025/26.
Veröffentlicht am: 24.10.2025
Vom fliegenden Wasserstoff-Labor bis zur CO2-neutralen Herstellung von Krebsmedikamenten durch Tabakpflanzen – aktuelle Forschung aus der Lausitz
Mit direktem Blick auf die sächsisch-polnische Grenze, versammelten sich neugierige Vertreter/-innen aus Wissenschaft und Wirtschaft in der Aula der Hochschule Zittau/Görlitz, um regionale Forschungsprojekte hautnah kennenzulernen. Sie alle einte das gemeinsame Ziel: Lösungen für die Energien der Zukunft zu entwickeln, sie in die Anwendung zu überführen und so zum nachhaltigen Strukturwandel in der Lausitz beitragen. „Wir sind am östlichsten Campus der Bundesrepublik – eine Hochschule, die als Kondensationskeim dient. Der Strukturwandel braucht Mut, und den bringt der Freistaat Sachsen mit seinem klaren Bekenntnis zum Lausitzer Revier auf. Die Früchte zu ernten, wird noch etwas dauern, aber: wir sind auf einem guten Weg.“, so Hochschulrektor Prof. Dr.-Ing. Alexander Kratzsch in seiner Begrüßung.
Anfang 2026 soll das erste wasserstoffgetriebene Flugzeug über die Lausitz kreisen, sagte Sebastian Spitzer vom Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik der TU Dresden. Bereits heute stellt der Flugplatz Kamenz ein regionales Zentrum für Forschungsprojekte für den Luftraum dar: Drohnen, autarkes Fliegen – und Wasserstoff als Kraftstoff der Zukunft. Im EU-geförderten Projekt TUD-FoFlu erfolgt die Entwicklung eines neuen Wasserstofftanks derzeit noch am Boden, doch bald soll dieser im modularen Forschungsflugzeug der TU Dresden eingesetzt und in der Luft getestet werden. Ein fliegendes Labor zur Erprobung eines fossilfreien Antriebssystems, das Einzug in den kommerziellen Flugverkehr halten soll.
Rund 30 Kilometer Luftlinie entfernt, soll ein zweites innovatives Forschungsprojekt in der Lausitz umgesetzt werden: ein vollständig CO2-neutrales Gewächshaus am Standort Schwarze Pumpe. Für die Region untypisch, sollen Tabakpflanzen angebaut werden, erklärt Prof. Dr. Karin Fester von der Hochschule Zittau/Görlitz. Ziel ist die pflanzliche Herstellung von Wirkstoffen gegen Krebserkrankungen, die bisher tierischen Zellen entnommen werden müssen. Die Tabakpflanze eignet sich besonders gut durch ihr schnelles Wachstum, ihre leichte Kultivierung und die Eigenschaft, keine für den Mensch gefährlichen Viren oder Erreger zu übertragen. Das Projekt GreenPharming ist das erste Reallabor dieser Art.
Noch tiefer in der Lausitz verwurzelt ist das Projekt SAM4HeatPump: wo einst alleinig die tiefliegende Braunkohle für Wärme gesorgt hat, beschäftigten sich seit einigen Jahren verschiedenen Forschungseinrichtungen mit der Nutzung von Erd- und Abwärme durch Wärmepumpen. Dr. Matthias Schulze und sein Team des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik etwa fertigt additiv nachhaltige und recycelbare Komponenten für Wärmepumpen.
Das Besondere: Durch den 3D-Druck können Bauteile erzeugt werden, die konventionelle Fertigungsverfahren nicht umsetzen könnten.
Für den Transport des umgewandelten Stroms aus Wärme, verfügt die Lausitz über ein gut ausgebautes Netz – welches, wie alle Stromnetzwerke in Deutschland, auf dem Prinzip des Wechselstromes (AC) basiert. Um auch die Potenziale von Gleichspannungs-Mittelstrom (DC) zu ergründen, forscht das Projekt DC-LabSaxony am Standort Zittau an Lösungen für leistungsstarke Anwendungen. Der DC-Campus, erklärte Tom Richter von der Hochschule Zittau/Görlitz, dient als Entwicklungs- und Testplattform für regionale Unternehmen, um zukünftig 1,6- bis 2,5-mal höhere Übertragungskapazitäten im Netz zu erreichen.
Von On the Road to Innovation – zur Eröffnung des Wissenschaftsjahres 2025/26
Nach dem Impuls zum Deutschen Zentrum für Astrophysik und der anschließenden Paneldiskussion zum Transformationsprozess der Lausitz, stellten sich die vier EU-geförderten Forschungsprojekte den vielen Fragen der Gäste. Und während die erste Station des dreiteiligen Veranstaltungsformates „On the Road Innovation“ am Nachmittag ein diskussionsfreudiges Ende nahm, öffnete die Hochschule Zittau/Görlitz die Türen zur feierlichen Eröffnung des Wissenschaftsjahres 2025/2026. Unter der Moderation von Susanne Stump, Geschäftsführerin von futureSAX, eröffnete Prof. Dr. rer. Pol. Sophia Keil von der Hochschule Zittau/Görlitz die Veranstaltung unter dem Leitgedanken „Zukunft unter Spannung“. Dieses Spannungsfeld sei in der Oberlausitz besonders stark und zugleich eine Chance, die Region auf ein neues Level zu begeben. Das Motto beschreibe daher den Zustand zwischen Herausforderung und Hoffnung ebenso wie zwischen Risiko und Möglichkeiten.
Mit der Messung von Gravitationswellen zur Transformation einer Region
Untertage lagert in der Lausitz nicht nur Braunkohlevorkommen, sondern auch massives Granitgestein, führte Dr. Andreas Otto, Leiter der Transformationsforschung am Deutschen Zentrum für Astrophysik in seinem Impuls aus. Dieser Umstand stellte einen entscheidenden Standortfaktor für das im Aufbau befindliche Großforschungszentrum dar: die Entstehung des Low Seismic Labs, tief unter der Erde, abgeschottet vom Großteil der irdischen Strahlung und Störsignale. Das Ziel: die Detektion von Gravitationswellen.
Was für die interessierten Gäste noch nach Science-Fiction klang, soll in Zukunft neue Schlüsseltechnologien hervorbringen, die in die Bereiche der Mikroelektronik, Sensorik, Optik und KI hineinreichen. Auch Dr. Stephan Meyer, Landrat des Landkreises Görlitz, brachte in der gemeinsamen Paneldiskussion hervor, welche Bedeutung das Großforschungszentrum für die Transformationsprozesse in der Region mit sich bringt. Über 1.000 neue Arbeitsplätze für wissenschaftliches und nichtwissenschaftliches Personal sollen in der Aufbauphase geschaffen werden, internationale Talente, darunter Spitzenforscher aus der ganzen Welt, sollen in der Lausitz einen neuen Lebensmittelpunkt finden. Die Forschung allein schaffe jedoch nicht unmittelbar Arbeitsplätze. Wichtig sei es umso mehr, frühzeitig die Jugend zu erreichen und in der Region zu halten, sodass sie eigene Produkte und Dienstleistungen entwickeln könne.
Prof. Dr. Jens Weber der Professur Physikalische Chemie für Life Sciences betonte ergänzend, wie essenziell es sei, Unternehmen in die entstehende Innovationsspirale einzubinden. Gleichzeitig beschäftige ihn die Frage, wie auch jene Menschen erreicht werden, die nicht an Veranstaltungen wie der „On the Road to Innovation“ teilnehmen – insbesondere in ländlichen Regionen. „Wenn wir Innovation wollen, müssen wir den Mut haben […] und dem Zufall Raum geben.“
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Ihr Ansprechpartner bei futureSAX
Michael Kelber
Senior Projektmanager
Technologietransfer
Nach seinem Studium der Architektur war Michael Kelber mehrere Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Transferbereich zwischen Wissenschaft und Innovation an der Wissensarchitektur – Laboratory of Knowledge Architecture der Technischen Universität Dresden tätig. Schwerpunkt seiner Forschung und Lehre lag auf den Gebieten des Wissensmanagements und Entrepreneurships sowie der Methodenvermittlung zur Entwicklung von Geschäftsideen und der Ausschöpfung von Innovationspotentialen. Parallel dazu begleitete Herr Kelber ein vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziertes Forschungsprojekt zum Aufbau und zur Vertiefung von Innovationskapazitäten im sächsisch-polnischen Grenzraum. Durch die Teilnahme an internationalen Forschungskonferenzen und dem Akademischen Austausch mit der Waseda Universität in Tokyo sind Herrn Kelber kulturübergreifende Herangehensweisen und Verfahren zur Entwicklung von Forschungsprojekten und Geschäftsideen vertraut. In seiner Freizeit unterstützte er zuletzt in einer aktiven Rolle die Vorbereitungsphase einer Ausgründung und engagiert sich als Ordentliches Mitglied beim Filmverband Sachsen.